EU-Batterie-Verordnung für 2022 vorgestellt (1. Update)
11.12.2020|Batterierichtlinie, EU, Politik
Im Rahmen des European Green Deal hat die Europäische Kommission am 10. Dezember 2020 eine Modernisierung der EU-Rechtsvorschriften für Batterien vorgeschlagen (Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council concerning batteries and waste batteries). Darin nennt die Kommission verbindliche Anforderungen für alle Batterien (Geräte-, Industrie- und Fahrzeugbatterien), die in der EU in Verkehr gebracht werden. Die Anforderungen beziehen sich auf
- Nachhaltigkeit und Sicherheit (z. B. Vorschriften über den CO2-Fußabdruck, Mindestgehalt an recyceltem Material, Leistungs- und Haltbarkeitskriterien, Sicherheitsparameter),
- Kennzeichnung und Information (z. B. Speicherung von Informationen über die Nachhaltigkeit und von Daten über den Alterungszustand und die voraussichtliche Lebensdauer),
- End-of-Life-Management (z. B. erweiterte Herstellerverantwortung, Sammelziele und -pflichten, Zielvorgaben für Recyclingeffizienzen, Verwertungsquoten),
- Pflichten der Wirtschaftsakteure im Zusammenhang mit Produktanforderungen und den Systemen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht,
- elektronischer Informationsaustausch.
Darüber hinaus enthält der Vorschlag Bestimmungen über verpflichtende Mindestkriterien für die umweltorientierte Vergabe öffentlicher Aufträge und zur Erleichterung der Durchsetzung der Produktvorschriften. Weiterhin schlägt die Kommission Maßnahmen vor wie das Verbot quecksilberhaltiger und cadmiumhaltiger Batterien, die Ausweitung der Verpflichtung zur getrennten Sammlung von Altbatterien und das völlige Verbot der Deponierung von Altbatterien. In Bezug auf Leistung und Haltbarkeit umfasst der Vorschlag die Entwicklung von Mindestanforderungen für Allzweck-Gerätebatterien (wiederaufladbar und nicht wiederaufladbar) bis zum 1. Januar 2026 und auch für wiederaufladbare Industriebatterien. Im Detail soll dies durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
Sammlungs- und Berichterstattungspflichten: Industrie-, Starter- oder Traktionsbatterien müssen ohne Ausnahme gesammelt werden. Es gilt eine absolute Wegwerfvermeidung. Zur Erleichterung der Durchsetzung sollen hierfür dann spezifische Berichterstattungspflichten eingeführt werden. Alle gesammelten Batterien müssen recycelt und ein hoher Verwertungsgrad erreicht werden, insbesondere bei wertvollen Materialien wie Kobalt, Lithium, Nickel und Blei.
Sammelquotenerhöhung: Um die Sammlung und das Recycling von Gerätebatterien zu verbessern, soll die derzeitige Sammelquote von 45% auf 65% im Jahr 2025 und 70% im Jahr 2030 steigen.
Neue Definition für Gerätebatterien: Zukünftig gelten Batterien und Akkumulatoren als Gerätebatterien („portable“) wenn sie
- versiegelt
- leichter als 5kg
- nicht für industrielle Zwecke ausgelegt und
- weder als Elektrofahrzeugbatterie noch als Autobatterie eingestuft sind.
Das dürfte dann erstmals auch Akkus aus E-Bikes einbeziehen. Bei den Sammelzielen sollen diese Akkus für „leichte Transportmittel“ („light means of transport“) aber zunächst ausgenommen werden. Die Einführung eines separaten Sammelziels soll erst bis Ende 2030 geprüft werden.
Recyclingeffizienzen: Die Zielvorgaben für die Recyclingeffizienzen von Blei-Säure-Batterien werden erhöht, und angesichts der Bedeutung von Lithium für die Batteriewertschöpfungskette werden neue Ziele für Lithium-Batterien eingeführt. Darüber hinaus sollen bis 2025 und 2030 spezifische Ziele für die Rückgewinnung wertvoller Materialien wie Kobalt, Lithium, Blei und Nickel erreicht werden.
Mindestrezyklateinsatz: Für Industrie- und Autobatterien sowie für Traktionsbatterien aus Elektrofahrzeugen plant die Kommission zudem Vorgaben zum Mindesteinsatz von Rezyklaten. Ab 2030 sollen
- für Kobalt 12%,
- für Blei 85%,
- sowie für Lithium und Nickel jeweils 4% gelten.
Ab 2035 sollen die Werte
- für Kobalt auf 20%,
- für Lithium auf 10%
- und für Nickel auf 12% angehoben werden.
Verwertungsziele: Die Kommission schlägt vor, die Bestimmungen in Bezug auf die Verwertung wesentlich zu ändern. Für die Verfahren zur Verwertung von Kobalt, Kupfer, Nickel, Blei und Lithium werden verbindliche quantifizierte Zielvorgaben vorgeschlagen. Danach sollten diese rückgewonnenen Materialien der Batterieindustrie zur Verfügung gestellt werden.
Umnutzung: Schließlich wird mit dem Vorschlag ein klarer Rahmen für die Umnutzung von Industriebatterien und Traktionsbatterien für eine zweite Lebensdauer geschaffen (z. B. Nutzung einer gebrauchten Traktionsbatterie als stationärer Energiespeicher).
Austauschbarkeit: Die Entfernbarkeit von Batterien soll verbessert werden, sodass Hersteller Geräte so gestalten müssen, dass Altbatterien leicht entfernt werden können und eine neue Bestimmung über die Austauschbarkeit ergänzt, dass Geräte nach dem Austausch der Batterien weiterhin ihre Funktionen erfüllen müssen.
Kennzeichnungspflichten: Batterien müssen gut sichtbar, lesbar und unverwischbar gekennzeichnet werden, sodass die Batterien und ihre Hauptmerkmale anhand dieser Angaben identifiziert werden können. Durch entsprechende Kennzeichnungen, z.B. QR-Codes, werden Angaben u. a. zu Lebensdauer, Ladekapazität, Pflicht zur getrennten Sammlung, Vorhandensein gefährlicher Stoffe und Sicherheitsrisiken gemacht.
CO2-Fußabdruck: Darüber hinaus müssen ab dem 1. Juli 2024 alle wiederaufladbaren Industriebatterien und Traktionsbatterien mit internem Speicher, die in der Union auf den Markt kommen, über eine Erklärung zum CO2-Fußabdruck verfügen. Ab dem 1. Januar 2026 müssen diese Batterien mit einer Kennzeichnung versehen werden, aus der die Leistungsklasse für die CO2-Intensität hervorgeht. Und ab dem 1. Juli 2027 müssen diese Batterien die entsprechenden Höchstwerte für den CO2-Fußabdruck einhalten.
Überprüfung: In Bezug auf die Anforderungen im Zusammenhang mit dem CO2-Fußabdruck, dem Rezyklatgehalt und der verantwortungsvollen Beschaffung von Rohstoffen (Sorgfaltspflicht) sieht der Vorschlag eine obligatorische Überprüfung durch Dritte (notifizierte Stellen) vor.
Import: Für außerhalb der EU gefertigte Batterien muss der Einführer oder Händler, der Batterien in die EU einführt bzw. diese in der EU in Verkehr bringt, sicherstellen, dass die Batterien die Anforderungen der Verordnung erfüllen.
IT-Technologien: Vor allem für die Kennzeichnung, die Online-Verfügbarkeit von Batterieinformationen oder die Rückverfolgbarkeit großer Batterien über ihren gesamten Lebenszyklus soll die Digitalisierung das Mittel der Wahl sein. Es soll ein gemeinsames elektronisches Austauschsystem bzw. ein Batterie-Datenraum geschaffen werden, in dem Informationen über jedes in der EU in Verkehr gebrachte Batteriemodell registriert und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Das Datensystem wird über den oben genannten QR-Code mit dem individuellen digitalen „Batteriepass“ verknüpft, einem Mechanismus für die Rückverfolgbarkeit und Bewirtschaftung großer Batterien. Dieses System soll „den Verbrauchern ermöglichen, fundierte Entscheidungen zu treffen, die Hersteller in die Lage versetzen, innovative Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und den nationalen Behörden und der Kommission ein Marktforschungsinstrument zur Verfügung stellen“.
Die Verordnung soll am 20. Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten und ab dem 1. Januar 2022 angewendet werden. Nun bleibt abzuwarten, wie diese neue Verordnung dann das deutsche Batteriegesetz, welches ab Januar gerade neu in Kraft tritt, beeinflussen wird.
Download: Regulation on batteries and waste batteries (10.12.2020, PDF)
Download: Grüner Deal: Nachhaltige Batterien für eine kreislauforientierte und klimaneutrale Wirtschaft (Pressemitteilung, 10.12.2020, PDF)
1. Update (15.12.2020): Der BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. hat den Vorschlag der Europäischen Kommission grundsätzlich als richtig und notwendig begrüßt. Allerdings gäbe es Regelungslücken, die Pfandpflicht fehle und die höhere Sammelquote sei noch nicht ausreichend. „Das Hauptziel der Kommission, mit der neuen Verordnung zur Sicherung der Rohstoffe für Batterien in Europa beizutragen, begrüße ich außerordentlich. In Sachen Sammel- und Mindesteinsatzquote sowie Batteriepfand ist der große Wurf leider ausgeblieben. Hier hätte ich mir mehr Mut seitens der Kommission gewünscht“, erklärte BDE-Präsident Peter Kurth. Er verwies auf die hohe Brandgefahr falsch entsorgter Lithium-Ionen-Batterien: „Wir brauchen eine schnelle und vor allem nachhaltige Verbesserung des Batterierücklaufs in die Systeme, weil damit auch die Chance besteht, die hohe Brandgefahr durch falsch entsorgte Batterien einzudämmen. Bei der Batterierücknahme ist auch der Handel in der Pflicht. Der Vorschlag der Kommission geht in die richtige Richtung. Der BDE wird aber im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch stärker für einen geringeren Einsatz von Primärrohstoffen, einen innovativen und effizienten Wertstoffkreislauf für Batterien, hohen Sammel- und Recyclingzielen, sowie für die Einführung einer europäischen Pfandpflicht eintreten.“
Auch die European Waste Association, FEAD, begrüßt den Vorstoß der EU ausdrücklich. Sie erwähnt speziell den Mindestrezyklatanteil und die ambitionierteren Recycling- und Sammelziele. In ihrem Statement vom 14. Dezember heißt es außerdem: „FEAD stresses the need to establish a performant data gathering system, including the quality of recycling. This has the potential to create a level-playing field among recyclers in Europe“. Und auch sie betonen die Wichtigkeit von Pfandsystemen und der Registrierung jeder einzelnen Batterie: „FEAD stresses the importance of Deposit and Return Schemes (DRSs) under the form of take-back operations from retailers. (…) Yet, to set up efficient DRSs, substantial work needs to be done on making the latter more feasible (i.e., registration of every battery). Thus, substantial investments should be devolved to this purpose.“ Sie betonen das Ökodesign (und die Entfernbarkeit von Batterien), einheitliche Kennzeichnungspflichten, und die Ausweitung existierender Sammelmodelle im B2B-Bereich: Solche Extended Producer Responsibility schemes (EPR schemes) sollten ausgeweitet werden auf Batterien. Die EU sollte das in ihre Überlegungen einbeziehen („FEAD stresses the necessity to duly take into consideration the existing and successful B2B schemes/contracts that provide for collection, sorting, treatment, and recycling of batteries“). Dies soll Abfallströme „einfangen“, die schwieriger zu kontrollieren seien, z.B. aus dem Hausmüll.
Quelle: Neue EU-Batterie-Verordnung für 2022 vorgestellt (1. Update) – Das neue Batteriegesetz (BattG) 2022